|Rezension| „Selection“ von Kiera Cass



Gegen einen jugendlich leichten Schreibstil habe ich prinzipiell wenig, nur ein wenig Wiederekennungswert empfinde ich immer als gute Zwischenbalance. Es muss nicht immer wulstige Poesie sein, aber Kiera Cass‘ Schreibstil bringt wenig Eigenständigkeit mit. Die ersten Seiten lesen sich relativ plump und platt, ohne viele Beschreibungen und mit der etwas distanziert wirkenden und emotionslosen Abfolge von Sätzen. Der Einstieg fiel aber nur im Hinblick auf den Schreibstil schwer, an dessen Einfachheit man sich wohl einfach gewöhnen muss. Entgegen aller Erwartungen liest sich das Buch nämlich enorm flott, die Seiten fliegen nur so dahin und man merkt gar nicht, dass man nicht mehr auf der fünfzigsten, sondern bereits auf der zweihunderfünfzigsten Seite ist, was definitiv für das Buch spricht. Dennoch hätte man aus dem Stil mehr rausholen können. Das direkte Servieren von Charaktereigenschaften hat das eigene Erkunden und Urteilen doch etwas schwieriger gemacht und man merkt, wie man quasi von der Hauptfigur direkt eine Meinung über die Figuren vorgesetzt bekommt. Mehr Beschreibung, weniger „vor die Füße werfen“ hätte dem Stil gut getan.


Dabei ist „Selection“ wohl eher eine Dystopie im Märchenkleid, wobei diese sich öfters mal unter bauschigen Röcken versteckt. Zwischenzeitlich könnte man nämlich meinen, die Geschichte sei einfach nur ein Märchen ohne bestimmte zeitliche Einordnung, kommt doch der dystopische Faktor mehr als kurz. Vor allen Dingen die typische Beklemmung in der Herz- und Magengegend bleibt bei dieser Geschichte völlig aus, was eigentlich auch mal eine nette Abwechslung im immergleichen, nervenaufreibenden Dystopie-Genre darstellen dürfte. Allerdings ist ebendies auch einer der vielen kleinen Kritikpunkte: die Welt. Auch wenn der Schwerpunkt auf dem Casting und der Entwicklung von Americas Gefühlen liegt, drängen sich die Lebensumstände inklusive dem geschichtlichen Hintergrund der Welt, in der America lebt oft in den Hintergrund, wenn man von kleinen, aber nichtssagenden Geschichtsstunden absieht. Wie kam es zu dem Kastensystem, gerade in einer zukünftigen Welt ist das nur schwer vorstellbar? Warum genau wurde Krieg geführt und warum gibt es wieder eine Monarchie? All das wird nicht erklärt und lässt den Leser mit einem dicken Fragenkatalog zurück.
Kritikpunkt Nr. 2 wäre America selbst (beim Namen drängte sich bei mir schon die Frage auf, wie man sein Kind nach einem zerstörten Land benennen kann, dessen Name aus Scham- und Zerstörungsgründen nicht mehr existiert, was allerdings eher halbherzig im Laufe des Buches erklärt wird!), denn America ist eine kleine Mary Sue (was mich insgesamt aber nicht so sehr störte, wie es klingen mag). Eine sympathische, das schon, aber doch wirkte ihre Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit eher aufgesetzt, als echt, ist sie doch oft auch ganz schön oberflächlich und schnell, wenn es ums Urteilen geht. Dennoch fällt es einem leicht mit ihr zu sympathisieren, auch wenn sie die Dinge ziemlich schnell hinnimmt: Sie muss von zu Hause weg – einmal weinen und die Sorgen sind vergessen. Aspen macht Schluss – einmal weinen und gut ist. Ihre Gefühle ändern sich ein wenig zu schnell, sodass man ihr ihre angeblich doch so ernsten Gefühle kaum abnehmen kann. Maxon hingegen ist der perfekte Gentleman – er bleibt ein wenig blass, scheint nicht so richtig aus sich herauszukommen und trotzdem ist er ein großer Sympathieträger, gerade auch was seinen Umgang mit den Mädchen angeht.
„gute“ Erwählte oder „böse“ Erwählte. Die Grauschattierungen kamen etwas
kurz, obwohl ich hoffe (und auch glaube), dass hinter Marlee noch ein
wenig mehr steckt, als sie uns bisher gezeigt hat. Ansonsten lernt man
relativ wenige von den Mädchen genauer kennen – was bei der Anzahl
natürlich auch schwer realisierbar ist, aber doch hat man so die ganze
Zeit über das Gefühl, dass America eigentlich keine Konkurrenz hat. Niemanden scheint es zu geben, der ihr auch nur im Entferntesten das
Wasser reichen kann, was sie auch immer mit Worten wie
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„XY war wohl ganz hübsch“ und „…aber sie sah ganz anders aus als ich“ unterstreicht. Das führt natürlich dazu, dass das Buch sehr vorhersehbar ist (auch wenn der Plot schon vor dem Lesen klar ist!), so fehlt aber eine ganze Menge Spannung, die man mit ebenbürtigen Konkurrentinnen sicherlich noch ein wenig hätte steigern können.
Außer ein paar Rebellenangriffen passiert sonst eigentlich relativ wenig in „Selection“ – das addiert mit der Tatsache, dass nicht einmal der Wettbewerb in diesem Buch zu Ende gebracht wird, ist ein wenig ernüchternd, macht aber definitiv auch Vorfreude auf den kommenden zweiten Teil (engl. The Elite). Dennoch hält „Selection“ konstant eine unsichtbare Spannung und Neugierde, die erst abflaut, wenn man die letzte Seite gelesen und das Buch zugeschlagen hat, denn eins muss man dem Buch trotz der etwas oberflächlichen und plumpen Story lassen: Es hat eindeutig den Suchtfaktor, der einen dazu bringt bis um halb fünf zu lesen (wie in meinem Fall!). Vielleicht ist es gerade dieser Mädchentraum – in einem Palast leben, wie eine Prinzessin behandelt werden, etc. der diese Sucht ausgelöst hat, vielleicht aber auch einfach nur die Tatsache, dass „Selection“ trotz allem ziemlich gut zu unterhalten weiß, jedenfalls hatte ich sehr viel Spaß mit der Geschichte um America und ihre zweigleisigen Gefühle.


Kiera Cass wurde in South Carolina geboren, studierte Geschichte an der
Radford University und lebt heute mit ihrer Familie in Virginia. 2009
veröffentlichte sie ihren ersten Jugendroman. Ihre Freizeit verbringt
sie mit Lesen, Tanzen, Videodrehen und großen Mengen Kuchen. [via Sauerländer]
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Eure Wortmalereien (5)
Nellys Leseecke
23. Januar 2016 at 17:37
Huhu, ich hoffe, du hast nichts dagegen, dass ich deine Rezension auf meinem Blog verlinkt habe. Du kannst es dir HIER anschauen.Alles Liebe, Nelly
Selina
7. August 2013 at 18:16
Ich möchte das Buch unbedingt noch lesen… 😉 Das klingt ja echt toll!!
Liebe Grüße, Selina
Liss
7. August 2013 at 9:39
Ich fand den 1. Band auch echt toll. 🙂 Bin gespannt was du zum 2. sagst. Der hatte mich etwas enttäuscht.
LG. Liss ♥
Lotta Lunatic
6. August 2013 at 19:07
Hallihallöchen 😀
Man ich bin gerade auf deinen Blog geschneit und dein Design ist ja wirklich wunderschön so mit den Blumen an der Seite und so .. ich bin wirklich begeistert wunderschön.
Deine Rezension fand ich sehr aufschlussreich, wenn sie mir auch irgendwie zu lang war, nimms mir nicht übel.
Alles in allem finde ich: Toller Blog!
Ich folge dir von nun an durch jeden Post 😉
Liebst, Lotta
von http://www.lottasbuecher.de
Nana
6. August 2013 at 17:39
Klingt gar nicht übel 😀
Liebe Grüße! 🙂