Rezension: Die Insel der besonderen Kinder von Ransom Riggs
Teil einer Reihe? Ja
[aus Ransom Riggs – Die Insel der besonderen Kinder; S. 398f]
Schreibstil:
Ransom Riggs schreibt in einem sehr flüssig lesbarem Stil, dem es aber trotzdem nicht an Niveau und Tiefe fehlt. Das Buch lässt sich schnell und leicht lesen, sodass nur selten Langeweile aufkommt. Es ist dennoch nicht als rasant zu beschreiben, jedoch gelingt es Riggs eine gewisse Neugierde im Leser zu entflammen, die bewirkt, dass man unbedingt wissen möchte, was aus welchem Grund geschieht. An manchen Stellen schafft Riggs außerdem eine magische Atmosphäre, von der ich mir dennoch etwas mehr versprochen habe.
Aufmachung/Gestaltung:
Es gibt diese Bücher, die vom ersten Moment an eine gewisse Magie ausüben; Bücher mit schönen, außergewöhnlichen Covern und einer bemerkenswerten Gestaltung. Es sind Bücher, die eine Geschichte erzählen wollen, die mit einem spannenden Klappentext locken und durch eine ansprechende Leseprobe fesseln. „Die Insel der besonderen Kinder“ ist für mich, allein schon der Aufmachung wegen, ein solches Buch gewesen, noch bevor ich es überhaupt im Regal stehen – geschweige denn, es gelesen – hatte. Leider haben solche Bücher oft die Eigenschaft letztendlich doch nicht so magisch zu sein, wie sie den Anschein erwecken und leider hat auch „Die Insel der besonderen Kinder“ meine Erwartungen nicht vollständig erfüllen können.
Vorerst sei gesagt, dass die Idee, die hinter dieser phantastischen Geschichte steckt, sehr originell und wenn auch nicht unbedingt eine Weltneuheit, dann doch zumindest frischer Wind in der Jugendfantasy ist. Zwar ist die Hauptthematik keine vollkommen neue Idee, jedoch habe ich zuvor noch kein Buch dieser Art gelesen, was es einfach erfrischend und geheimnisvoll gemacht hat. Ich möchte in dieser Rezension gar nicht einmal so sehr auf das Geheimnis eingehen, dass dieses Buch hinter seinen Deckeln bereit hält, da ich denke, dass es schöner ist, dies selber herauszufinden und ich sonst auch einen Großteil der Geschichte spoilern würde.
Was für mich einen Großteil der „Magie“ des Buches ausgemacht hat, ist die geheimnisvolle, beinahe schon mystische Atmosphäre, die sich durch die gesamte Geschichte zieht und dann und wann ins Düstere und Unheimliche abrutscht, was das Buch zu etwas ganz Besonderem macht. Ein holpriger Anstieg der Spannungskurve ist hier sehr deutlich zu spüren, denn wo das Buch erst aufregend beginnt, verliert es nach einer Zeit etwas an der Spannung und nimmt dann ungefähr ab der Mitte wieder Fahrt auf. So ist es jedoch auf den ersten Seite etwas schwieriger dabei zu bleiben, da ich nach dem wirklich vielversprechendem Start, der mir eine Gänsehaut bereitet hat, einfach sehr viel mehr und eine konstante Spannungskurve erwartet habe. Nach diesem plätschert die Geschichte eine Weile dahin und während Jacob versucht sein traumatisches Erlebnis bei einem Therapeuten zu verarbeiten, verspürt der Leser doch das ein oder andere Mal den Wunsch, einfach ein bisschen vorzublättern. Hier hätte man durchaus mehr herausholen können, um die Spannung aufrecht zu erhalten.
Auf der Insel angekommen wird das Ganze dann wieder ein wenig interessanter, denn diese wirkt unheimlich, zivilasationsfern und geheimnisvoll auf den Leser. Auch als Jacob das Haus entdeckt, geschehen einige seltsame Ereignisse, die neugierig machen. Nach und nach wird das Netz der Geheimnisse enger um Jacob und auch um den Leser gelegt und bald findet man heraus, was mit den besonderen Kinder geschehen ist, ob diese wirklich so besonders sind, wie Jacob’s Großvater immer behauptete und ob diese überhaupt (noch) existieren. Dabei wird man von einem Gefühl begleitet, was man hat, wenn man uralte, verstaubte Fotoalben oder Tagebücher aufschlägt und durchblättert. Es fühlt sich merkwürdig an, als würde man in eine andere Zeit versetzt werden (*SPOILER* und das wird man ja auch! *SPOILER*) und vielleicht auch, als würde man etwas Verbotenes tun.
Währenddessen lernt man auch die Charakter näher kennen, wobei eigentlich so gut wie alle relativ blass und eindimensional bleiben. Lediglich Jacob und Emilia, die etwas später im Buch auftaucht, waren für mich wirklich interessant und haben eigenwillige, selbstständige Charakterzüge an den Tag gelegt. Jacob habe ich als einen sehr tiefgründigen Charakter empfunden, der seinen Platz in der Welt finden muss und nebenbei noch sehr viel Ironie und einen eigenen Humor in die Geschichte einbringt, sodass es durchaus auch etwas zum Schmunzeln gab. Allerdings hatte ich manchmal das Gefühl, dass er alles ein wenig zu schnell und leicht glaubt, was ihm geschieht und was er erfährt, sodass die Geschichte an manchen Stellen unglaubwürdig wirkte. Die besonderen Kinder waren, bis auf einige, wenige Ausnahmen sehr blass und bis auf die besonderen Gaben hat man nicht sonderlich viel über sie erfahren, obwohl es in manchen Fällen angebracht gewesen wäre, etwas über deren Vergangenheit zu erfahren. Da es sich bei „Die Insel der besonderen Kinder“ jedoch um den ersten Teil einer Reihe handelt, gehe ich davon aus, dass man in den Folgebänden einiges mehr über die Kinder in Erfahrung bringen wird. Kaum erwähnenswert waren die Eltern, die nicht nur blass waren, sondern auch voller Klischees und Stereotypen steckten, was sie zeitweise sogar unsympathisch machte. Im Gegensatz dazu hätte ich gerne mehr über Abraham, Jacobs Großvater, erfahren, der mir von Anfang an sympathisch war, aber leider viel zu schnell von der Bildfläche verschwindet.
Die, in die Geschichte eingewobenen, Bilder, die sich auf vielen Seiten finden lassen und die Geschichte quasi noch einmal bildlich erzählt, haben zweierlei Wirkung auf den Leser: 1. Machen sie die Geschichte etwas greifbarer und verursachen eine schaurige, unheimliche Atmosphäre, die mehr Lesespaß garantiert, jedoch wirken sie auch 2. teilweise etwas störend. Es ist nämlich meiner Meinung nach sehr auffällig, dass die Bilder zuerst da waren und aus ihnen die Geschichte geformt wurde. So wirken einige Passagen abgehackt und wie nachträglich hinzugefügt, was den Lesefluss teilweise etwas gestört hat und mich auch nach einiger Zeit ein wenig genervt hat. Im Großen und Ganzen empfinde ich die Aufmachung jedoch als großen Pluspunkt, die zwar, wie erwähnt, manchmal stört, jedoch das Leseerlebnis einfach verstärkt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass „Die Insel der besonderen Kinder“ ein eher ernüchternder Auftakt einer neuen Fantasyreihe für Jugendliche ist, die mehr verspricht, als sie letztendlich halten kann. Zwar winkt das Buch mit einer originellen Idee, die unglaublich viel Potenzial an den Tag legt, jedoch hat es mich einfach nicht so sehr mitgerissen und gefesselt, wie ich es mir erhofft hatte. Mit eher blassen Charaktern, aber einem schönen, magischen Schreibstil erlebt man mit Jacob das Abenteuer seines Lebens und muss oft darüber nachdenken, was Einbildung und was Realität ist.
Zum Autor
Eure Wortmalereien (2)
Anonymous
9. Dezember 2012 at 18:50
Wie heist denn der 2. Teil ? Bis jetzt weis ich noch nix. …
Anonymous
2. Dezember 2011 at 18:29
Das Cover der englischen Ausgabe ist auch gut gelungen!
Liebe Grüße,
papillionis