Rezension | „Die Berufene“ von M. R. Carey
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| Knaur | Klappbroschur | 512 Seiten | €14,99 | Amazon | |
Die meisten Zombiegeschichten verlaufen irgendwie nach demselben Muster und bieten oft nur wenige Innovationen. „Die Berufene“ hebt sich jedoch in gewisserweise von dem teils etwas trashig anmutendem Genre ab, indem es einige interessante und faszinierende Faktoren in die Geschichte einbaut und durch unterschiedliche Sichtweisen Leben und Vielfalt in das Geschehen bringt. Zugegeben, wer Blut, Gedärme und abgetrennte Gliedmaßen eher unschön findet, sollte das Buch mit Vorsicht genießen, denn hier wird nichts beschönigt, Gehirne werden entnommen und Innereien gegessen – sollte man bei einem Zombiebuch erwarten, ist aber hier wirklich besonders ausgeprägt und nicht für jedermann geeignet. Davon abgesehen besticht „Die Berufene“ jedoch mit vielfältigen und interessanten Figuren, die man nach und nach besser kennenlernt und eine apokalyptische Idee, die mir so noch nicht begegnet ist und die mich, wenn auch nicht völlig überzeugt, zumindest beeindruckt hat.
Handlungstechnisch ist „Die Berufene“ ein wahres Zombiebuch: erst befindet man sich hinter sicheren Mauern, dann eskaliert die Situation und man ist auf der Flucht, mit der halben Menschheit auf den Fersen – als Zombies versteht sich. In dieser Hinsicht schreibt „Die Berufene“ tatsächlich keine neue Geschichte, aber wie sich alles entwickelt und letztendlich zusammenkommt, ist doch originell und einfach etwas anderes. Hinzu kommt die Tatsache, dass man nicht nur die Blickwinkel erwachsener Menschen, sondern auch die Perspektive eines kleinen Mädchens hat, das vielleicht nicht unbedingt so menschlich ist, wie man erst denken würde. Gerade dieser Aspekt verleiht der Geschichte etwas besonderes und hat sie für mich noch interessanter gemacht. Melanie ist schließlich auch die Sympathieträgerin der Geschichte und schafft es einige ruppige Figuren etwas auszugleichen. In einer dunklen Welt gibt es nun einmal auch größtenteils dunkle Charaktere.
Und die gibt es wirklich zu Hauf. Gerade der Beginn der Geschichte ist unfassbar bedrückend, wenn man erfährt, wie einige Menschen behandelt werden. Die Gründe dafür erschließen sich erst nach und nach und ständig wird man in einen Gewissenskonflikt getrieben – zum Beispiel durch die Ärztin, die fragliche Experimente zum Wohle der Menschheit durchführt, die aufs Ganze betrachtet vielleicht doch nicht so fraglich sind. Wie gesagt, man muss sich oft die Frage stellen, was man in dieser Situation selbst denken und wollen würde, was teils ganz schön an die Nieren geht. In diesem philosophischen Zusammenhang hat „Die Berufene“ seine Arbeit definitiv getan, obwohl es am Ende doch alles sehr schnell ging. Das Ende ist wohl der größte Kritikpunkt, und die Tatsache, dass viele Dinge entweder zu sehr in die Länge gezogen oder konträr zu kurz angeschnitten wurden. Das Ende jedenfalls geht nach all den Strapazen etwas schnell.
Eure Wortmalereien (1)
Nicole Wagner
2. Februar 2015 at 17:21
Hallo!Zugegebenen, ich kann dir in vielen Punkten zustimmen, auch wenn dieses Buch bei mir etwas besser davongekommen ist. Das Ende habe ich schon fast als genial empfunden, weil es einfach mal etwas anderes aus der Zombie-Ecke war. Kam es wirklich so schnell daher? Wenn, dann ist's mir nicht aufgefallen.Schön rezensiert!Liebe Grüße,Nicole